• 6. Bierverkostung Deutschland 13.10.17

    Deutschland ist weltweit der viertgrößte Bierproduzent nach China, den USA und Brasilien. Es gibt es über 1.400 Braustätten, Tendenz steigend, die circa 5.000 verschiedene Biere herstellen. Gut die Hälfte der Brauereien sind sogenannte und stark im Trend liegende Mikro- bzw. Crafbierbrauereien, die im Jahr weniger als 1.000 Hektoliter herstellen. Das meistgetrunkene alkoholische Getränk ist natürlich der beliebte Gerstensaft (Pils, Weißbier).

    Produziert werden in Deutschland ca. 95 Mio. Hektoliter an Bier wobei die Deutschen 80 Mio. davon konsumieren und die restlichen 15 Mio. Hektoliter ins Ausland exportiert werden. Biere werden in der ganzen Bundesrepublik produziert, wobei die Bierstile sehr variieren. Im Norden mit den Städten Hamburg, Bremen und Rostock findet man eher herbe Pilsbiere sowie kräftige Rauch- und Gewürzbiere nach der alten Seefahrtsmethode. Im Westen Beispiel Köln und Düsseldorf genießt man am liebsten obergärige Alt, Kölsch und Lagerbiere. Im Osten wie Berlin, Dresden sowie Leipzig hingegen ist man mit der Nähe zu Tschechien (Stadt Pilsen)  mehr an die böhmischen Pilse (Pilsner) gebunden. In der Mitte Deutschlands (Bad Köstritz, Erfurt) findet man das Schwarzbier und im Süden (München) des Landes ist das Weißbier und das Helle beheimatet. In Bayern zählen wir 624 Brauereien, also das vielfältigste Bundesland. Oberfranken hat mit mehr als 200 Brauereien die größte Brauereidichte der Welt. Dort findet man doppelt so viele Brauereien wie in alle anderen Regionen Bayerns. In Berlin hingegen haben sich in den letzten Jahren über 40 neue Craft-Brauer angesiedelt. Dort entstand übrigens auch eine der ersten Craftbier Brauereien Deutschlands in den 90er Jahren (Hanfbier von der Bier-Company).

    Eine präzise Definition für Craft Bier gibt es in Deutschland nicht, da sich der Begriff nicht als Wortmarke schützen lässt. Zum Craftbier-Anbieter wird eine Brauerei nicht durch ein einzelnes Bier, sondern durch die gesamte Philosophie der Brauerei. Mikrobrauereien, die in Deutschland maximal 200.000 Hektoliter Bier im Jahr herstellen, werden mit einem günstigeren Steuersatz belohnt.

    Das Oktoberfest ist wohl das populärste Bierfest der Welt. Es wird in vielen Nationen der Welt gefeiert. König Ludwig von Bayern rief es 1810 zu Ehren seiner Hochzeit mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen erstmals als Pferderennen ins Leben. Das Fest war ein so großer Erfolg, dass es sich seitdem über Jahrzehnte zu einem nationalen bzw. einem internationalen Volksfest entwickelt hat.

    Das in Bayern entstandene Biergesetz, das bayrische Reinheitsgebot vom 23. April 1516 und entworfen von den bayerischen Herzögen Wilhelm IV und Ludwig X in Ingolstadt, gilt als eines der ältesten Lebensmittelgesetze der Welt. Seit 1995 findet jährlich am 23. April der sogenannter Tag des deutschen Bieres statt.
    Der internationale Tag des Bieres hingegen wird jedes Jahr am ersten Freitag im August gefeiert.

    Verkostete Biere

     Hopferei Hertrich, Zwickelhahn: 5,2% vol., Bierstil: Kellerbier, Farbe: Bernstein, IBU: 24

    Dieses naturtrübe, fränkische Kellerbier ist leicht malzbetont, mit feinen karamellige Noten. Beim Antrunk können wir feine florale Hopfenaromen auf der Zunge wahrnehmen, die sich im Abgang durch die Kalthopfung mit Opal in eine sanfte Bittere bemerkbar machen.

    Brauerei: 2012 begann Ralph in Feucht in der Nähe von Bamberg (Franken) mit den ersten Brauversuchen mit einer kleinen Brauanlage und dem eigenen Hopfen der sich übers ganze Haus hochzieht (deshalb Hopferei). Es wurde viel verkostet und experimentiert und kurze Zeit später machte er dann mit seinen beiden Brüdern die Ausbildung zum Biersommelier und auch Karin ließ sich zu dieser Begeisterung mitreißen. Kurze Zeit später lernten Karin und Ralph einen Brauer (Jörg) kenne, der deren Biere in einer großen Brauanlage umsetzen konnte.

     

    Onkel, Herbert: 4,4% vol., Bierstil: Rhabarber Weisse, Farbe: Goldgelb, IBU: 7

    Das Bier wirkt spritzig, fruchtig und erfrischend und wird einer Weisse nach Berliner Vorbild nachgeahmt. Zudem können wir Aromen von Grapefruit, Pfirsich, Holunderblüten und Rhabarber erkennen. Die erfrischende Säure ist angenehm mild und wird durch einer leichten Malzsüße verfeinert.

    Brauerei: Gebraut wird in Düsseldorf, wo die ersten Versuche im Jahre 2001 in der Küche begannen. Phillip Roberts kaufte sich verschiedene Bücher um sich in die Materie Bierbrauen zu vertiefen und einige Jahre später baute er sich eine kleine digitale Brauanlage mit temperaturgesteurter Gärung, mit der er noch heute die Rezepte entwirft bevor sie in einer großen Brauanlage umgesetzt werden.

     

    Farny, Schambrinus: 5,3% vol., Bierstil: Edel- Weizenbier, Farbe: Goldgelb, IBU: 6

    Mit Champagnerhefen aus Frankreich endvergoren, deshalb auch weinartig. Frische Zitrusaromen machen sich bemerkbar, die von milden Bananennoten gefolgt werden.

    Brauerei: 1833 wurde das erste Sudhaus im Hofgut Dürren in Kißlegg im Allgäu gebaut. 1856 kommt durch Einheirat das Hofgut Dürren und die Brauerei in Besitz der Familie Farny. 1924 wird zum ersten Mal ein Kristallweizen gebraut und die Brauerei Farny ist stolzer Erfinder. Mittlerweile ist die Brauerei einer der modernsten im gesamten süddeutschen Raum.

     

    Frau Gruber, Sunrise to Sunset: 4,5% vol., Bierstil: Session IPA, Farbe: Bernstein, IBU: 60

    Sehr grasig, fruchtig frisch mit Zitrusaromen wie Grapefruit und Orangenschalen gefolgt von einer tropischen Note von Ananas und Passionsfrucht. Im Abgang empfinden wir eine angenehme Bittere, die aber lange anhält.

    Brauerei: Matthias Gruber und Enzo Frauenschuh kennen sich schon seit über 20 Jahren vom Skatepark aus. Einige Jahre später war Matthias war als Druckmaschinenhersteller auf Montage in Australien, wo ihn Enzo besuchte und die beiden ihre ersten Craftbiere probierten. Daraufhin studierte Enzo das Brauwesen in Weihenstephan und durfte dann als Braumeister bei der bekannten Riegele Brauerei in Augsburg sein Wissen vertiefen. Im November 2013 gründeten die beiden „Liquid Hops“, einen Craft Beer Großhandel. Ende 2016 dann gründeten die beiden „Frau Gruber“ und brauten ihre eigenen ersten 6 Biere über eine Gypsiebrauerei (Camba Old Factory), die im Februar 2017 mit vollem Erfolg auf den Markt kamen.

     

    Lemke Berlin, Spree Coast: 6,9% vol., Bierstil: IPA, Farbe: Bernstein- Kupferfarbe, IBU: 75

    Zweifachgestopftes Bier mit Cascade, Centennial und Crystal. Hier erwartet uns ein sehr fruchtiges Bier mit Aromen von Orangen, Mandarinen, Pampelmuse und Honigmelone. Im Mund setzen sich die sehr harzigen Bitternoten durch, die dann auch sehr lange erhalten bleiben.

    Brauerei: Oli Lemke hat ein BWL- Studium abgebrochen und ein Brauereistudium abgeschlossen. Nach Erfahrungen im Ausland, wie in Japan wo er ganze Brauereien baute, entschied er sich 1998 in der Garage eines Freundes seine eigene Brauanlage zusammenzuschweißen. 1999 dann bauen er und seine Freunde in einem heruntergekommenen S-Bahn Bogen ein komplettes Brauhaus. Die Lemke Brauerei war geboren und mit über 50 verschiedenen Bieren wurde die Brauerei in und um Berlin sehr bekannt. In den darauffolgenden Jahren wurden noch mehr Brauhäuser in Berlin übernommen und umgebaut. 2011 entschied man sich dann das Bier endlich in Flaschen umzufüllen und um diesem Markt mit einer guten Qualität zur Genüge zu tun wurde ein Labor mit eigener Hefebank eingerichtet. 2016 dann wurde noch ein weiteres Brauhaus eingerichtet, das nach 2 jährigem Umbau mit 600 Sitzplätzen auf 2 Etagen seine Gäste in einer gemütlichen Atmosphäre empfängt.

     

    Krieger, Mild Porter: 6,1% vol., Bierstil: Porter, Farbe: Schwarz, IBU: 35

    Es ist ein sehr malziges Bier mit Karamell- und Röstaromen, wie Brotkruste, Lakritze und Zartbitterschokolade die in der Nase gleich erkennbar sind. Im Mund empfinden wir ein süßes, voll samtiges Gefühl, dass von einer angenehmen nicht zu dominanten Bitternote begleitet wird.

    Brauerei: 1622 gibt es die erste urkundliche Erwähnung der Brauerei. 1913 dann wird die Brauerei von Anna und Wilhelm Krieger erworben. 2009 tritt mit Michael Sturm, Sohn von Geschäftsführerin Helene Sturm die 4. Familiengeneration in die Brauerei ein. 2013 feiert die Brauerei 100 Jahre im Besitz der Familie Krieger/Sturm und braut zum ersten Mal einen dunklen Bock, den Floriani- Bock der sofort eine Silbermedaille bei den European Beer Stars einholt. 2015 kommt unter „Mikes Wanderlust“  die erste Craftbierlinie heraus.

     

    Hanscraft & Co., Rebel Unchained: 7,1% vol., Bierstil: Raspberry Milk Stout, Farbe: Tiefschwarz,  IBU: 36

    Dieses Bier weist kräftige Aromen von frischen Himbeeren, Bisquit und Kaffe in der Nase auf. Es ist ein sehr cremiges Bier mit feinen Röstaromen und wirkt angenehm fruchtig frisch am Gaumen. Auch laktische Noten können wir wahrnehmen, die uns an Yogurette erinnern. Im Nachtrunk können wir eine schöne Süße, gepaart von einer feinherben Bittere empfinden.

    Brauerei: Christian Hans Müller gründete Ende 2012 das Craft Beer Startup in Aschaffenburg in Franken. 2013 dann schaffte der Zahnmediziner und Biersommelier mit 97 Punkten auf Rate Beer mit seinem „Backbone Splitter“, einem kraftvollem aber weichem IPA den Durchbruch in der Craftbierszene. Müller schloss sich auch mit anderen bekannten deutschen Craftbierbraueren zusammen um verschiedene Kollaborationssude zu brauen, wie mit den Jungs von Mashsee in Hanover sowie mit West Coast Bryggeri AB in Schweden wobei dieses verkostete Bier entstand.

     

    Giesinger, Doppel- Alt: 7 % vol., Bierstil: Doppel- Alt, Farbe: Kastanienbraun, IBU: 40

    Feine Karamellnoten und süß- röstige Malzaromen kommen bei diesem Bier klar zum Vorschein. Auch etwas reife Pflaume können wir in der Nase wahrnehmen. Karamell und Honignoten hinterlassen uns auch im Mund einen sehr samtigen Eindruck. Gefolgt werden diese Aromen von etwas Backobst und Walnuss und zum Schluss noch einer schönen Bittere die dieses Bier umrundet.

    Brauerei: Die Giesinger Biermanufaktur entstand 2006 in einer Garage, wo bis 2008 gebraut und getüftelt wurde. Gegründet wurde sie von Geschäftsführer Steffen Marx und Tobias Weber. Die Nachfrage war groß nach den speziellen und sehr fruchtigen und würzigen Bieren der beiden und somit wurden 2007 bereits 300 Hektoliter vertrieben. Im Jahr 2009 bereits erreichte man stolze 750 Hektoliter. In diesem Jahr gab es auch eine Veränderung der Gesellschaftsform, da der Mitgründer Tobias Weber aus der Brauerei ausstieg. Es war die erste Brauereigründung seit vielen Jahrzehnten in München. 2011 dann war mit über 1000 Hektoliter die Brauereianlage total erschöpft. Ende 2014 war es dann soweit, die neue Brauerei und Braustätte konnte eröffnet werden, wo dann auch mehrere 1000 Hektoliter pro Jahr möglich waren. Ein Besuch in dieser Braustätte ist eine Empfehlung wert. Man kann durch eine große Verglasung eine direkte Einsicht in die Brauerei nehmen. Auch die Speisen und natürlich die Biere dieser Brauerei sind qualitativ sehr hochwertig.