• Großbritannien

    Das englische Wort „beer“ wurde bis zum 15. Jahrhundert für die unter Zusatz von Hopfen hergestellten Getränke verwendet, während es beim „Ale“ (altgermanisches Wort äl)  um ein Nichtgehopftes ging. Seit dem 16. Jahrhundert gibt es diesen Unterschied nicht mehr, da mit Einführung des Hopfens aus den Niederlanden auch das traditionelle englische Bier unter Zusatz von Hopfen hergestellt wurde. Jedoch blieben die Ale- und die Beer-Brauerei bis ins 18. Jahrhundert getrennte Berufe. Mit der Ausnahme von Porter und Stout bezeichnet man in Großbritannien alle einheimischen obergärigen Biersorten als Ale. Die englischen Lagerbiere, vergleichbar mit den in Deutschland handelsüblichen „hellen“ Bieren (untergärig) werden heute fast ausschließlich nur unter Lizenz ausländischer Brauereien (Heineken, Carlsberg, Foster’s) hergestellt.

    Ale kann auf eine lange Tradition der britischen Braukunst zurück sehen und wird heute nur noch in England, Wales, Schottland und Irland gebraut. Seinen Platz konnte es neben dem üblichen Lagerbier (Pils, “Helles”, etc.)  weltweit behaupten. Von den Einheimischen wird das Ale häufig auch „Bitter“ genannt. In den USA dagegen ist es üblich, alle obergärigen Biere undifferenziert als Ale zu bezeichnen – so spricht man z. B. von „Kölsch-Style Ale“. Ale ist ein obergäriges Bier von heller oder dunkler Farbe, das hauptsächlich aus gemälzter Gerste hergestellt wird. Ale hat in der Regel einen geringeren Alkoholgehalt als Lagerbier, seine Gärzeit ist kürzer (ca. 5 Tage) und wird bei höheren Temperaturen (15-25° C.) durchgeführt. Es hat weniger Kohlensäure, ist aber robuster und komplexer als Lagerbier.

    Im 18. Jahrhundert trank man in London eine Mischung aus Ale, Bier und twopenny (dem stärksten Bier überhaupt). Aus dieser Mischung wurde später das „Porter“, benannt nach den Lastenträgern.

    Indian Pale Ale kurz IPA ist ein helles Ale, das im 19. Jahrhundert speziell für die indischen Kronkolonien gebraut wurde. Es musste robuster sein als andere Biere und durfte auf dem langen Seeweg nicht verderben. Daher wurde es mit einer großen Menge an Hopfen gebraut, hatte 16% Stammwürze und wurde versetzt meistens mit Wasser in einem Verhältnis 1:1 getrunken. Heute trinkt man es unverdünnt. Das Brauen von Ale ging in Kolonialzeiten von England aus und hat sich somit auch in Belgien, den USA und Australien etabliert.

    Früher bzw. 1960 vor der Erfindung der kleinen Edelstahlfässer namens „kegs“ wurde Ale ungefiltert, also hefetrüb in Fässer (“casks”) abgefüllt, von wo aus es ohne Kohlensäure- bzw. Stickstoffzugabe praktisch mit Muskelkraft in 3-4 “Zügen” am Zapfhahn ins Glas gepumpt wurde. Das brachte ihm den Ruf ein, schal zu sein. Auch das Vorurteil, englisches Bier sei warm, erweist sich als eine typische Eigenart von Ale. Es entwickelt erst bei Temperaturen um 10 bis 12°C sein volles Aroma. Dem Zeitgeist folgend werden die meisten Ales heute in Kegs abgefüllt, die über einen Anschluss für Kohlensäure bzw. Stickstoff verfügen. Von dort aus werden sie wie auch hierzulande mit modernen Schankanlagen gezapft. 1971 hat sich in Hertfordshire nördlich von London die Bürgerinitiative zur Erhaltung des Real Ale, also des traditionellen Ales, gegründet. Sie heißt Campaign for Real Ale, kurz CAMRA (270.000 Mitglieder weltweit).

    Ebenfalls einzigartig ist die lebende Tradition, das Bier lange in Fässern und Flaschen reifen zu lassen. Am liebsten trinken die Briten ihr geliebtes Bier, gleich welcher Sorte, in den sogenannten „Lokals“ auch Pubs genannt.

    England (45 Mio. hl/Jahr) ist nach Deutschland (100 Mio. hl/Jahr) der zweitgrößte Bierproduzent Europas, verfügt aber über weit weniger Brauereien. Gerade mal an die 450 Groß-, Klein- und Pubbrauereien gibt es noch in England. In Deutschland hingegen gibt es rund 1.300 Brauereien. Der Pro-Kopf-Verbrauch ist zwischen 1990 und 2012 von 142,7 Liter auf 106,6 Liter gesunken. Ein Rückgang von fast 25%, obwohl in keinem anderen europäischen Land so viel obergäriges Bier gebraut wird wie auf der Insel.

    Verkostete Biere

    London Pride, Fuller‘s: 4,7% vol., Bierstil: Best Bitter/ Farbe: Bernsteinfarbe/ IBU: 20 (Bittereinheiten). Das London Pride ist eines der beliebtesten Premium Ales in Großbritannien. Es weist eine angenehme teeartige Malzaromatik auf. Die frisch bitteren Hopfennoten durch Target (Bitterhopfen), Challenger und Northdown (Aromahopfen) erinnern an Erdbeeren. Im Nachtrunk wirkt dieses Bier durch die Honigaromatik der Hefe sehr harmonisch.

    Seit 1845 mit Sitz im westlich Stadtteil London’s Chiswick, wird in der Fuller‘s Brewery Bier gebraut (2014 wurden 245.000 hl). Sie betreibt zusätzlich eine Pubkette. Die Brauerei ist mittlerweile eine der Führenden für unfiltriertes Bier.

     

    5am Saint, Brew Dog: 5% vol., Bierstil: Red Ale/ Farbe: Kupferfarbe/ IBU: 35 (Bittereinheiten). Bei diesem Bier wurden 6 verschiedene Hopfen (Cascade, Amarillo, Nelson Sauvin, Simcoe, Ahtanum, Centennial) – und 5 Malzsorten (u. a. Münchner, Caramalt, Crystal etc.) verwendet. Es wirkt sehr vollmundig, fruchtig nach roten Äpfeln, Pampelmuse, und Ananas. Die blumige Hopfennote bleibt gut erhalten.

    Brewdog wurde 2007 in Fraserburgh (Nordosten von Schottland) gegründet. Die Brauerei behauptet, die größte unabhängige Schottlands zu sein. 2015 produzierte sie 134.000 hl, das weltweit exportiert wird.

     

    Old Empire, Marston‘s: 5,7% vol., Bierstil: IPA (Indian Pale Ale)/ Farbe: Goldfarben/ IBU: 40 (Bittereinheiten). Vollmundig, malzig mit anhaltender Bittere von den

    britischen Aromahopfensorten Golding sowie Fuggles und den amerikanischen Aromahopfen Cascade.
    Sie geben dem Bier Zitrusaromen, gepaart von einer angenehmen Erdigkeit. Vanille und

    weißer Pfeffer runden das Bier ab.

    Marston’s, das Unternehmen liegt in Burton- upon-Trent (bekannt durch seine schwefel-kalkhaltige harte Wasserqualität) in der Grafschaft Staffordshire (West Midlands) und betreibt heute fünf Brauereien und rund 1.600 Pubs in Großbritannien.

    Porter, Fuller´s: 5,4% vol., Bierstil: Porter/ Farbe: Dunkelrot bis schwarz/ IBU: 50 (Bittereinheiten). Sehr intensive Röstaromen, es duftet außerdem nach Schokolade, Kaffeebohnen, gerösteten Haselnüssen, dazu die feinen Noten von roten Früchten wie Brombeeren.

     

    Pearl Jet Stout, Marston‘s: 4,5% vol., Bierstil: Oyster Stout/ Farbe: Mokkaschwarz/ IBU: 25 (Bittereinheiten).
    Tiefschwarzes Stout präsentiert in der Nase dunkle Malzaromatik sowie kräftige Bitterschokoladen- und Röstaromen von frisch gemahlenen Kaffee. Im Nachtrunk ist die Hopfenbitterkeit  mit einer angenehmen Süße gut abgerundet. Dieses „Austernbier“ wird nicht mit Schalentieren eingebraut, sondern zu frischen Muscheln als salzige Komponente serviert.

    Hardy‘s Ale, Thomas Hardy: 11,7% vol., Bierstil: Barley Wine/ Farbe: kräftige Kupferfarbe/ IBU: 40 (Bittereinheiten).

    Der sogenannte Barley Wine (Gerstenwein) ist ein Verschnitt aus frischem und mindestens einjährigem fassgereiften Bier. Durch seine lange Lagerung entwickelt es Säure- sowie auch deutliche Fassaromen, die an einem eleganten Weinbrand wie Cognac erinnern. In der Nase treten Vanille, Zedernholz und getrocknete Datteln zum Vorschein. Durch seine komplexe Malzigkeit sowie alkoholaromatischen Körper wird es meist nach einem ausgiebigen Essen als „birra da meditazione“ genossen.

    Hardy’s Ale wurde zum ersten Mal im Jahre 1968 gebraut. Aktuell produziert die Brauerei Meantime (gehört zur japanischen Asahi-Gruppe) das Bier in Greenwich (Südosten von London).

    Die Etikette schmückt den bekannten britischen Schriftsteller Thomas Hardy, geboren 2. Juni 1840 und gestorben 11. Januar 1928 in Dorchester (Südwestengland).